Das Puppentheater als pädagogisches Projekt
Wenn Kinder Figuren zum Leben erwecken
Seit dem letzten Jahr sind Kaspar JOJO und seine Freunde aus unserem JOCUS-Kindertreff nicht mehr wegzudenken. Wer hat sich nicht selber gern als Kind eigene Geschichten mit Kaspar, Großmutter, Krokodil, Polizist und Co. hinter dem Vorhang ausgedacht und die Familie unterhalten oder ein Puppentheater-Stück besucht.
Ich war mir anfangs nicht sicher, ob das Puppentheater noch zeitgemäß ist und sich auch heute noch so großer Beliebtheit erfreut wie einst. Insofern war es etwas ungewiss, ob und wie unsere Stücke ankommen. Aber von Anfang an war es uns wichtig, keine bekannten Geschichten und Märchen einfach nachzuspielen, sondern eigene Kreationen vorzuführen. Bisher haben wir „Die verzauberte Zuckertüte“, „Dornröschen“ (natürlich auch mit unserer ganz eigenen Interpretation) und den „Zauberer Hakennase“ gespielt. Und was soll ich sagen, es kam sehr gut an bei unseren kleinen Besucher:innen. Der Überraschungseffekt, wenn Unerwartetes passiert, das herzhafte Lachen und die Zwischenrufe der Kinder sind unser Ansporn und Inspiration zugleich. Und es macht so viel Freude, dass wir, meine Mitarbeiterin und Kollegin Christiane und ich, mittlerweile sogar die Requisiten selbst basteln.
Als uns Corona gerade wieder einen Strich durch die Rechnung machen wollte, haben wir unser Puppentheater kurzerhand zum Straßentheater umgewandelt und alles nach Draußen verlagert, was auch bei so manch erwachsenen Passanten Interesse weckte. Und weil es so gut ankam, führen wir auch zukünftig bei schönem Wetter unser Puppentheater als Straßentheater auf. Seit Kurzem kommen wir auch in Kitas, Schulen und auf Feste und Veranstaltungen.
Puppentheater als Projekt zum Mitmachen
Meine Beobachtungen bei unseren kleinen Besucher:innen brachten mich vor einigen Wochen auf einen ganz neuen Gedanken: Warum binden wir die Kinder nicht von Anfang an mit ein und lassen Sie selbst mitgestalten und spielen? Ein selbst kreiertes und arrangiertes Puppentheater-Stück als eigenes Projekt hat vielfältige pädagogische Effekte:
- Die Kinder treten in Interaktion miteinander, was ihre sozialen und kognitiven Fähigkeiten und Kompetenzen fördert. Gerade nach der einschränkenden Pandemiezeit mit Abstand und Isolation ein nicht unwesentlicher Aspekt.
- Die Kinder lernen zu kommunizieren, sich abzustimmen, Kompromisse zu finden.
- Ein eigenes Projekt stärkt das Selbstwert- und WIR-Gefühl.
- Fantasie und Kreativität werden spielerisch gefördert.
- Die Puppen dienen als Projektionsfläche, über die die Kinder ihre Gedanken und Gefühle ausdrücken können. Deshalb achte ich darauf, dass jedes Kind auch eine zu ihm passende Figur findet, mit der es sich identifizieren kann.
- Die Kinder lernen die Projektarbeit kennen, von der Vorbereitung / Planung, bis zur Umsetzung samt Verteilung von Aufgaben und Rollen. Auch die Problemlösungskompetenz und das Treffen von Entscheidungen werden dadurch gefördert.
- Am Ende des Projektes steht eine Vorführung des Puppenspiels vor Zuschauern. Die Kinder bekommen damit Wertschätzung und Anerkennung für ihre gemeinsame Arbeit.
Der Auftakt für das Projekt war jetzt in einer Kita, in der wir uns für das Märchen Schneewittchen entschieden haben. Und hier habe ich gleich wichtige Erfahrungen machen dürfen, die ich für die weitere Ausgestaltung des Projektes mitnehme:
- Die Kinder haben eine unterschiedliche Auffassungsgabe. Hinzu kommen bei einigen Kindern Sprachprobleme aufgrund ihres Migrationshintergrunds. Darauf muss ich mich einstellen und flexibel bleiben, was auch inhaltliche Anpassungen und Vereinfachungen der ursprünglichen Geschichte nicht ausschließt.
- Die Kinder suchen sich teilweise Figuren aus, die in dem Märchen eigentlich nicht vorkommen. Aber kein Problem: Im aktuellen Beispiel findet auch der Rabe, für den sich eines der Kinder entschieden hat, seinen Platz. Und wer weiß, vielleicht sind es gerade diese kindlichen Instinkte, die dem Stück eine ganz individuelle Note verleihen.
- Die einzelnen Projekteinheiten haben einen Umfang von jeweils eineinhalb Stunden. Zu viel, wie ich feststellen musste, zumindest am Stück. Die Kinder brauchen zwischendurch Abwechslung und Bewegung. Deshalb werde ich zukünftig Spiele zur Auflockerung zu Beginn, am Ende und gegebenenfalls auch zwischendurch mit einbauen.
Ich glaube, es sind gerade diese unerwarteten Entwicklungen und spontanen Situationen, die das Projekt so spannend und in jeder Einrichtung einzigartig machen.
Das Puppentheater, ob eigene Vorstellungen oder als pädagogisches Projekt, ist für mich mittlerweile etwas, was ich mit viel Liebe und Herzblut vorantreibe.
Eure Manuela
Bild zur Meldung: Jede Projekteinheit beginnt mit eine kurzen Blitzlichtrunde und das Tagesziel wird benannt. Für die Blitzlichtrunde verwenden wir einen Erzählstein.