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Systemische Beratung für Erzieher*innen

10. 11. 2021

Damit der Traumberuf nicht zum Albtraum wird

 

Ich möchte behaupten, dass ich in meinem Traumberuf arbeite. Warum ich das so betone? Weil ich glaube, dass das heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Und weil ich bereits seit über 20 Jahren Pädagogin mit Leib und Seele bin, auch wenn die nachfolgenden Zeilen eventuell das Gegenteil suggerieren könnten. Denn es war nicht immer so. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich immer wieder Rückschläge verkraften müssen, die mich zur Verzweiflung brachten. 

 

Oft sind viele junge Menschen ganz am Anfang ihres Berufslebens noch euphorisch, voller Pläne und Überzeugung, sich in ihrem Traumberuf verwirklichen zu können. Bei langjährig Berufstätigen flackern diese Emotionen häufig nochmals auf, wenn sie ihren Arbeitgeber wechseln. Alles neu, alles anders, jetzt wird alles besser. Doch nach einiger Zeit offenbaren sich die Tücken des Berufsalltags und man kann zusehen, wie Träume und Pläne zerplatzen. Dies konnte ich über all die Jahre auch beobachten, auch bei mir selbst.

 

Ich war in vielen Kindereinrichtungen tätig und auch in unterschiedlichen Funktionen – als Erzieherin, Heilpädagogin und als Leiterin. Somit konnte ich auch immer eine andere Perspektive einnehmen. Was in allen Funktionen aber gleichblieb: Ich wollte immer etwas bewegen, meine Ideen einbringen und kreativ sein – kein Dienst nach Vorschrift. Allerdings, und das beschäftigt mich bis heute: In der Umsetzung wurde ich meist ausgebremst. Es gab Momente, wo mir gesagt wurde: „Manu, das geht aber so nicht. Das können wir nicht machen. Das funktioniert bei uns nicht.“ Rums! Und schon landet der Vogel, der gerade das Fliegen lernt, wieder unsanft auf der Erde. 

 

Wahrnehmung und Wertschätzung als Erzieher*in

Nachdem ich immer wieder Erfahrungen dieser Art gemacht habe, fühlte ich mich immer unwohler. Wechsel der Arbeitgeber brachten keine Änderung. Im Gegenteil. Ich wurde immer unzufriedener, habe mich nie zuhause oder angekommen gefühlt. Bei einem meiner Arbeitgeber habe ich letztlich sogar Küchenarbeiten erledigt, statt meine pädagogische Expertise einbringen zu können. Ernüchterung!

 

In der Hoffnung, Weiterbildungen oder sogar ein Studium werden unterstützt und honoriert, sah ich mich ebenfalls enttäuscht. Keine Einrichtung war dazu bereit, sodass ich mein Managementstudium für Kitas ohne Unterstützung eines Arbeitgebers in Angriff genommen habe. 

 

Wer nun glaubt, dass man doch zumindest in der Position als Einrichtungsleitung eine gewissen Handlungs- und Gestaltungsspielraum hat, den muss ich leider auch enttäuschen. In einer heilpädagogischen Kita habe ich gemerkt, dass man auch vom Träger viel Druck bekommt. Dinge werden beschlossen und "Top-down" durchgesetzt, ob es einem passt oder nicht. Als Leitung befindet man sich quasi in einer Sandwichposition zwischen dem Träger und den Mitarbeitern. Eine Kollegin sagte mir sogar einmal, dass man sehr einsam werde als Leiterin. Man gehöre nicht richtig zum Team, während der Träger auf der anderen Seite Druck ausübt. Ein Spannungsfeld, das bei vielen Kitaleitungen nicht nur Rat- und Hilflosigkeit hervorruft, sondern sogar bis zum Burnout führen kann. Besagte Kollegin äußerte sogar, dass sie sich bei Problemen nicht an ihr Team wenden könne, da sie sonst ihre Autorität verliere. 

 

Ich war geschockt ob dieser Aussage, obwohl ich es selbst zum Teil erlebt habe. Ich kenne dieses Ohnmachtsgefühl, wenn man zum Zuschauen und Ausführen verdammt ist, nach dem Motto: Mach deine Arbeit, aber auch nicht mehr. In einem Fall gab mir dann auch noch mein Team vor, was ich machen sollte. Und so wurde ich zum Spielball. 

 

Auch innerhalb der Teams herrscht oft alles andere als eine wertschätzende Atmosphäre. Mobbing und Ausgrenzung sind keine Seltenheit und einer der größten Treiber der hohen Fluktuation in meiner Branche. Die aktuelle Diskussion über die Coronaimpfung mit gegenseitiger Stigmatisierung, ob Befürworter oder Gegner, gießt zusätzlich Öl ins Feuer und führt zur Spaltung der Belegschaft.

 

Probleme nicht aussitzen, Hilfe annehmen

Berechtigterweise kann man mich nach diesen Zeilen fragen, wie ich denn dazu komme, meinen Beruf immer noch als Traumberuf zu bezeichnen. Es ist mein Traumberuf und zwar deshalb, weil ich bei alldem Erlebten nie vergessen habe, warum ich mich dafür entschieden habe: Es geht um die Kinder. Die Kinder sind meine Herzenssache und sie standen und stehen immer im Fokus meiner Arbeit. 

 

Durch meine Selbstständigkeit schaue ich heute ganz anders auf die Geschehnisse und Situationen in den Einrichtungen, und zwar mit dem Blick von außen. Ich nehme wahr, ohne involviert zu sein. Ich spüre wie die Stimmung ist, wenn es an Kommunikation mangelt, die Teamkultur nicht stimmt oder jemand das Bedürfnis hat, sich anzuvertrauen. 

 

Ich werde jetzt als neutrale Ansprechpartnerin und Zuhörerin wahrgenommen. Deshalb biete ich meinen Erzieherkolleg*innen nun auch Hilfe an mit meiner systemischen Beratung. All die geschilderten Erlebnisse sind sicher jedem, der in diesem Beruf arbeitet, in irgendeiner Form und in unterschiedlicher Ausprägung vertraut. Ich wäre damals dankbar gewesen, hätte ich Hilfe bekommen, wäre da jemand gewesen, dem ich mich anvertrauen kann. 

 

Heute weiß ich, auch durch meine Zertifizierung zur systemischen Beraterin, dass wir uns nie isoliert von unserem Umfeld betrachten können. Dass der Großteil unserer Probleme und Sorgen auf der Beziehungsebene entsteht, der Beziehung zu uns selbst und zu unseren Mitmenschen. Meist sind sie Ursachen jedoch so verborgen, dass uns die Lösung nicht sofort offenbar wird. Die Methoden, die ich erlernt habe und anwende, machen Dinge sichtbar und können dann auch gelöst werden. 
Ich glaube, es unser gutes Recht, uns von all diesen Ballast zu befreien, der uns davon abhält, unseren Traumberuf auch wirklich zu leben. 

 

Eure Manuela

 

Bild zur Meldung: Traumberuf Erzieherin