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Wie meine Puppen zu dem werden, was sie sind

26. 07. 2020

… ein Blick hinter die Kulissen

 

Claus sitzt ganz entspannt auf dem Sofa und blick mit seinen großen Kulleraugen direkt in meine Richtung. Ich bin alleine zu Hause und ertappe mich plötzlich dabei, wie ich ein Gespräch mit ihm anfange. Es entspannt sich ein lebhafter Dialog zwischen uns beiden mit dem Ergebnis, dass ich mir zwar für einen kurzen Moment etwas seltsam vorkomme, aber auch aus dem Stehgreif ein neues Programm für meine nächsten Auftritte entwickelt habe.

Das ist der Idealfall wie neue Programme entstehen – wenn es aus der Situation heraus passiert. Das klappt aber leider nicht immer. Manchmal braucht es viel Zeit und Kreativität. Bei Claus gelingt es mittlerweile sehr gut. Er ist schon lange bei mir, sein Charakter geformt, wir sind ein eingespieltes Team und damit fällt es mir leichter.

Aber wer ist er eigentlich, der Claus?

Claus, der Schöne! Meine Puppen bekommen immer ein Attribut. Dann wissen meine kleinen und großen Zuschauer schon, auf was sie sich einstellen können. Ja, der Claus ist eitel, aber nicht eingebildet. Er ist ein sehr angenehmer Zeitgenosse, hört gut zu, ist interessiert und wissbegierig. Zu den Kindern hat er immer gleich einen guten Draht. Er ist sehr wandelbar und hat den vollsten Kleiderschrank. Manchmal verschläft er fast seinen Auftritt, wenn er wieder zu lange Fernsehen geschaut hat.

Dann erscheint er auch mal im Schlafanzug auf der Bühne, was ihm etwas unangenehm ist.

Ja, meine Puppen dürfen ihre Eigenheiten und Macken haben. Aber sie sind auch Vorbilder und sollen menschliche Werte, Respekt und Toleranz vermitteln. Das ist mir wichtig und meine Botschaft an die Kinder.

Dann haben wir da noch unseren Kell. Kell ist der Ruhepol im Puppenteam, eher etwas zurückhaltend, manchmal etwas vergesslich, aber mit einem besonderen Charisma – einfach elfenhaft. Man muss ihn gernhaben. Das ganze Gegenteil von introvertiert ist Harry, die coole Socke. Harry nimmt sich und die Welt nicht so ernst, hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen und in Diskussionen das letzte Wort. Wenn es ums Aufräumen geht, muss er meistens aufs Klo.

 

Clara und das Stimmtraining – Bauchreden muss gelernt sein

 

Vor einigen Wochen hat unser Puppenteam weiteren Zuwachs bekommen. Frauenpower ist es jetzt angesagt mit Clara. Clara hatte eine lange Reise hinter sich aus den USA, als ich sie dann endlich in Empfang nehmen durfte. Da lag sie nun vor mir – knallbunte Haare, ein ebenso farbenfrohes Kleid und etwas zu viel Schminke im Gesicht. Mmh, dachte ich, das Attribut „der /die Schöne“ ist leider schon vergeben. Nun gut, lernen wir Clara erst einmal besser kennen. Ich war mir noch unsicher, aber Clara fing gleich an Fragen zu stellen, viele Fragen. Meine ganze Familie hat sie in Beschlag genommen. Aber sie hatte auch genauso viele Antworten parat. Okay, also Clara ist sehr redselig und weiß viel oder scheint viel zu wissen. Und dann war es klar: Clara, die Schlaue!

 

Clara und ich sind nun dabei, uns aneinander zu gewöhnen. Deshalb durften meine Puppen meine Familie und mich im Sommer auch in den Urlaub begleiten. Hier kann ich sie in unterschiedlichen Situationen einsetzen und Stehgreif-Dialoge mit meinen Enkeln führen, einfach mal spielen. Wenn auch nicht bewusst, geben die Kinder wertvolles Feedback. Ob beim Frühstück, beim Schreiben von Postkarten oder auf dem Spielplatz, es ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, die Puppen einzusetzen. Durch die Fragen der Kinder formt sich der Charakter von Clara weiter, auch wenn es nicht immer vorteilhafte Eigenschaften und Verhaltensweisen sind, die zum Vorschein kommen. Musste ich doch feststellen, dass Clara gern popelt. Für die Kinder natürlich ein echter Lacher.

Langsam tastet sich Clara an ihre ersten Auftritte in der Öffentlichkeit heran. Denn der Charakter ist das Eine, aber meine Puppen müssen auch gut kommunizieren können. Das heißt, sie brauchen eine Stimme. Eine individuelle Stimme, mit der ich mich wohlfühlen und längere Auftritte durchhalten muss. Ich werde immer mal wieder gefragt, wie das so ist mit dem Bauchreden. Vieles ist Technik und kann durch Training erlernt werden. Aber, um mal mit einem aufzuräumen: Wir Ventriloquisten, so der lateinische Name für Bauchredner, reden nicht wirklich mit dem Bauch. Es ist die Kunst, Worte mit nur möglichst minimaler oder sogar keiner Lippenbewegung zu formen. Besonders schwierig ist es bei Silben wie b, f, m, p, v oder w. Aber wenn meine Puppen gut performen, liegt die Aufmerksamkeit bei ihnen. Kinder achten in der Regel nicht darauf, woher die Stimme wirklich kommt und übersehen bzw. überhören auch mal kleine Fehler.

Wichtig ist vor allem die Konzentration. Spricht Manuela oder Claus oder Clara. Gerade im Dialog mit den Puppen, muss ich fokussiert bleiben, aber gleichzeitig auch die Aufmerksamkeit auf mein Publikum richten, um mir das Feedback abzuholen. Nicht einfach! Deshalb besuche ich immer wieder Kurse, hole mir Tipps und Tricks von anderen Bauchredner-Kolleginnen und – kollegen und suche mir für meine Auftritte Unterstützung. Jemanden, der die Reaktion der Kinder immer im Auge hat.

Und nach diesem kleinen Abstecher hinter die Kulissen, möchte ich Euch gern alle wieder mitnehmen vor die Bühne. Mein Puppenteam und ich freuen uns, auch Euch mal besuchen zu dürfen. Ihr wisst ja jetzt, wer und was Euch erwartet.

 

Eure Manuela

 

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